Das ökologische Energiekonzept für das ecovillage kronsberg

Bei Strom und Wärme bilanziell klimaneutral – ja sogar ein Energie-Plus-Quartier!

Die Mitgliederversammlung der ecovillage-Genossenschaft hat am 23.11.2019 im sogenannten 17 Eckpunkte-Papier zum Energiekonzept beschlossen: „Das Kronsberg-Quartier soll klimaneutral werden, auch wenn sich dadurch die Bau- und Mietkosten erhöhen.“ Zur Umsetzung (Bau und Betrieb der technischen Anlagen) wurde die Ecotopia Dienstleistungsgenossenschaft Hannover eG gegründet. Aktuelle Beschlusslage der ecovillage-Gremien ist:

  • Die Gebäude werden vollständig in „Passivhausbauweise“ mit Standard KfW40+ errichtet (also sehr gute Dämmung und 3-Scheiben-Glas-Fenster).
  • Das Quartier wird bzgl. Strom, Heizung und Warmwasser in der Jahresenergiebilanz vollständig klimaneutral.
  • Ca. 16.000 m² Fläche werden mit Sonnenkollektoren (Photovoltaik, PV) bestückt (für Fachleute ca. 1.600 kWp), die jährlich ca. 1.400.000 kWh Strom produzieren
  • Ein eigenes von ecotopia eG betriebenes Quartiersnetz für die ca. 500 Wohneinheiten mit ca. 1.000 Bewohner:innen sorgt für den Strom für die Gemeinschaftsanlagen (Wegebeleuchtung, Aufzüge, usw.), Ladestationen für die E-Mobilität und in einem Mieterstrommodell für die Bewohner:innen und Gewerbebetriebe
  • Der nicht zeitgleich nutzbare oder speicherbare PV-Strom wird ins überregionale Netz eingespeist und zu anderen Zeiten wird Ökostrom aus dem Netz bezogen, sodass bilanziell ganzjährig immer Ökostrom eingesetzt wird.
  • Heizung mit einem „kalten“ Nahwärmenetz, gespeist über ca. 150 Meter tiefe Erdsonden.

Die Erstellung der Machbarkeitsstudie für das Energiekonzept des ecovillage-Quartiers wird gesponsert von:

Details beim derzeitigen Planungsstand

Eine Einzelperson verbraucht bei einem suffizienten Lebensstil im Haushalt ca. 700 kWh Strom im Jahr. Bei voraussichtlich 1.000 Menschen im Quartier sind das dann 700 MWh/a (eine MWh = 1.000 kWh und das „a“ ist die Abkürzung für Jahr). Hinzu kommen weitere ca. 700 MWh/a für Heizung, Warmwasser, Gemeinschaftsnutzungen(Wege- und Treppenhausbeleuchtung, Aufzugsmotoren) und Gewerbebetriebe im Quartier. Die geplanten PV-Anlagen werden diese 1.400 MWh/a erzeugen, sodass ecovillage kronsberg bilanziell vollständig klimaneutral sein wird – eine Sensation für solch ein großes Quartier. Und wenn wir für die E-Mobilität (Autos, E-Bikes) weniger als maximal geschätzten 120 MWh/a verbrauchen, wird ecovillage sogar ein Energie-Plus-Quartier! Unter Einbeziehung eines Batteriespeichers lassen sich ca. 50 % des Strombedarfs aus der eigenen PV-Produktion decken. Der Rest des nicht selbst verwendbaren Stroms wird ins Netz eingespeist und bei fehlendem eigenem Strom wird der Zusatzbedarf aus dem Netz bezogen. Hierfür wird ein Vertrag mit einem leistungsfähigen Ökostromanbieter geschlossen, der garantieren kann, dass ganzjährig genügend „grüner“ Ökostrom lieferbar ist, wenn keine Sonne scheint. „Grüner“ Strom bedeutet, dass er nachweislich bilanziell aus konkret nachgewiesenen regenerativen Anlagen kommt. Dies steht im Gegensatz zu „grauem“ Ökostrom, der nach Energieeinspeisegesetz ins deutsche Stromnetz eingespeist wurde und daher dann als „Mischstrom“ nicht eindeutig bilanziert werden kann.

Strombedarf

700 MWh

Haushaltsstrom

140 MWh

Gemeinschafts­nutzungen, Gewerbe

320 MWh

Heizung und Warmwasser Mietwohnungen

120 MWh

Elektrowärme Tiny‑Houses

120 MWh

E‑Mobilität

Gesamt: 1.400MWh

Stromlieferung

Abkoppeln von den steigenden Strom- und Fernwärmepreisen!

Der Haushaltsstrompreis und der der Preis für Heizung und Warmwasser wird trotz der relativ hohen Investitionskosten voraussichtlich unter den in den nächsten Jahren vom örtlichen Versorger enercity erhobenen Strom- und Fernwärmepreisen liegen. Der gewaltige Vorteil des ecovillage-Energiekonzeptes ist aber, dass der Strompreis mindestens 20 Jahre -Mindestlebensdauer der PV-Module - entgegen den ansonsten ansteigenden Energiepreisen praktisch nicht steigen wird, denn unser Brennstoff Sonne stellt keine laufende Rechnung! Für die Bewohner:innen des Quartiers ist das ein riesiger Vorteil!

Im Wärmebereich

haben die Gremien der ecovillage-Genossenschaft auf Basis einer umfangreichen Machbarkeitsstudie für ein Nahwärmenetz mit einem Erdwärmesonden-Feld als Wärmequelle entschieden. Das Erdsondenfeld umfasst etwas 50 vertikaleBohrungen mit je 150 Metern Tiefe und soll in der am Ende dargestellten Fläche errichtet werden. Da in dieser Tiefe ganzjährig eine gleichmäßige Temperatur von bis zu 12 Grad vorhanden ist, kann dort mit Wärmetauschern Energie aus dem Boden entzogen werden, die dann mit geringen Energieverlusten in einem Wasserkreislauf zu den Häusern transportiert wird (wegen der im Verhältnis von z.B. Blockheizkraftwerken niedrigen Wassertemperatur der Name „kaltes“ Nahwärmenetz). Bei den einzelnen Häusern wird die Temperatur dann mit elektrischen Wärmepumpen auf das für Heizung und Warmwasser nötige Niveau angehoben. Anders als bei üblichen Luftwärmepumpensystemen, bei denen beim Spitzenbedarf im Winter nur sehr kalte Luft als Energiequelle zur Verfügung steht, kann bei uns auch im Winter die relativ hohe Erdwärme genutzt werden, wodurch aus einer KWh Strom etwa vier KWh Wärme in den Häusern wird. Die Zuleitungen zu den Erdsonden erfolgen unterirdisch, sodass die Fläche in ihrer Freiflächenqualität erhalten bleibt und auch gärtnerisch genutzt werden kann.

Mit Strom und Erdwärme hergestellte Wärmemengen:
Die 500 ecovillage-Wohnungen haben mit dem sehr effizienten „kalten“ Nahwärmenetz mit Erdsonden und Wärmedämmung im Passivhausstandard einen Heizungs- und Warmwasserbedarf von insgesamt nur ca. 320 MWh pro Jahr = 320 kWh/a für jede der 1.000 Bewohner:innen. Die ca. 50 geplanten Tinyhäusern benötigen nach der vorliegenden Energiestudie für die Heizung zusammen ca. 120 MWh/a, also bei durchschnittlich 1,5 Personen pro Tinyhaus ca. 1.600 kWh/a und Bewohner:in. Für die fünffache Verbrauchsmenge pro Person gibt es zwei Ursachen:

  1. Da die mobilen Tinyhäuser über Straßen transportierbar sein sollen, kann die Wärmedämmung nicht so dick sein, wie bei den stationären Häusern.
  2. Da die Eigentümer der Tinyhäuser die Möglichkeit haben wollen, woanders hinzuziehen, können ihre Häuser nicht an das Quartiersnetz angeschlossen werden, sondern brauchen eine eigenständige Heizungsanlage. Da außerdem Holzöfen im Quartier wegen der Emissionen nicht zugelassen sind, benötigen die Tinyhäuser eigene ineffizientere Strom-Direktheizungen.

Vorteile des vorgesehenen Wärmekonzeptes:

  • Lösung mit der höchsten Energieeffizienz
  • Kostengünstige Variante
  • Erzeugt keine Geräuschemissionen und keine Rauchgase und erfordert keine Brennstofftransporte - keine fossilen Brennstoffe!
  • Koppelt Stromerzeugung und -speicherung an die Wärmegewinnung, da eigener PV-Strom und ggf. (im Winter) bezogener Ökostrom für die Wärmepumpen eingesetzt werden kann. Diese Kopplung der Sektoren ist die Zukunft der städtischen Energieversorgung, da sie die Erzeugung und Nutzung der Energie vor Ort ermöglicht.
  • Die Quellenwärme kommt in diesem Konzept zu 100 % aus dem Quartier und deckt den Wärmebedarf zu 100 %.
  • Ist in städtischen Quartieren erprobt und zugleich eine sehr innovative Lösung, die vom Staat gefördert wird.
  • Es ist ein sehr betriebssicheres und nahezu wartungsfreies System ohne Verbrenner, Schmiermittel und Lagerflächen, das voraussichtlich eine „ungestörte“ Betriebsdauer von über 40 Jahren ermöglicht. Lediglich die Wärmepumpen müssen voraussichtlich nach etwa 20 Jahren ausgetauscht werden.

Fazit:

Das Energiekonzept ist für ein so großes Wohnquartier in einer Stadt ökologisch vorbildlich, ja wohl in Europa einmalig. Denn andere Projekte betrachten in der Regel nur den Strom- oder den Wärmebereich und nicht auch die E-Mobilität. Obige Zahlen sind jedoch Planungswerte, bei denen es in der Realität noch Abweichungen geben kann. Insbesondere ist es eine Herausforderung, ob die Bewohner:innen in den Haushalten einschl. der zunehmenden stromfressenden Digitalisierung tatsächlich nur durchschnittlich 700 kWh pro Jahr Strom verbrauchen. Durchschnittlich verbraucht eine Person heute in Deutschland fast das Doppelte. Beim Ansatz von 120 MWh/a für die E-Mobilität wurde daher eine Reserve eingerechnet und wenn alles optimal läuft, wird die Energieversorgung im ecovillage am Kronsberg am Ende sogar ein Energie-plus-Quartier.